Mietrecht

Vermieterhaftung bei Wohnungsschimmel: ohne Feuchtigkeit kein Schimmel

Vom 09.01.2023

Schimmel in der Wohnung ist sowohl ärgerlich für den Mieter als auch den Vermieter. Hinzu kommen die Kosten für die Schimmelbeseitigung, für den Anwalt, etc., die eine von beiden Seiten bei einem Unterliegen nach einem Gerichtsverfahren zu tragen hat.

Vermieterhaftung bei Wohnungsschimmel: ohne Feuchtigkeit kein Schimmel

Sie haben falsch gelüftet und geheizt, bekommt der Mieter vom Vermieter zu hören, wenn er einen Schimmelschaden in der Wohnung meldet. Beachten sie die Broschüre für das richtige Heiz- und Lüftungsverhalten. In Zukunft wird es nicht mehr zu Schimmelpilz in ihrer Wohnung kommen. Die Ursachen, die zum Schimmelpilzbefall in Wohnungen führen, sind vielseitiger, als in den meisten Broschüren dargestellt. Schimmelpilze sitzen nicht auf dem Trocknen. Damit sie wachsen können, ist ein erhöhter Feuchtegehalt auf Bauoberflächen erforderlich. Dieser erhöhte Feuchtegehalt kann sowohl mieterseits durch ein fehlerhaftes Heiz- und Lüftungsverhalten als auch durch Baumängel verursacht sein.

Das Gericht braucht die Hilfe des Sachverständigen

Wird der Schimmelschaden nicht freiwillig vom Vermieter beseitigt, muss der Mieter seinen Anspruch gerichtlich geltend machen. In der Regel mindert er gleichzeitig die Miete oder zahlt diese unter Vorbehalt. Das angerufene Gericht wird die Klage des Mieters auf Schimmelbeseitigung abweisen, wenn der Mieter den Schimmelschaden allein verursacht hat und der Mieter muss die geminderte Miete nachbezahlen.

Das Gericht kennt die Ursache des Schimmelschadens nicht. Weder kennt das Gericht die baulichen Gegebenheiten noch das Wohn- und Nutzungsverhalten des Mieters. Um die Ursache des Schimmelschadens und somit auch die Verantwortlichkeit beurteilen zu können, beauftragt das Gericht einen Sachverständigen mit der Untersuchung der Schadensursache.

Dem vom Gericht beauftragten Sachverständigen ist bekannt, dass das Klima der Bauteiloberfläche für die Schimmelpilzbildung ursächlich ist.

Je geringer die Außenlufttemperatur und/oder die Innenlufttemperatur ist, desto geringer ist die raumseitige Oberflächentemperatur. Dem Bauteil wird Wärme entzogen. Diese Wärme muss dem Bauteil durch die Beheizung des Raumes zugeführt werden. Da Schimmelpilze auf Farben, Tapeten, Kleister oder Staub wachsen, ist ein Nährboden stets vorhanden. Ab einer relativen Oberflächenfeuchte von 80% sind die klimatischen Bedingungen für Schimmelpilzwachstum erfüllt.

Sachverständige suchen nach der Ursache des Schimmels in der Wohnung

Stellt der vom Gericht bestellte Sachverständige fest, dass der erhöhte Feuchtegehalt im Mauerwerk durch vom Mieter nicht verursachte Havarien (Wasserschäden) oder durch eindringendes Wasser von außen (Gebäudeabdichtung) entstanden ist, ist ein Baumangel für den Schimmelschaden verantwortlich. In diesen Fällen ist der Eigentümer verpflichtet, sowohl den Schimmelschaden als auch dessen Ursache auf seine Kosten zu beseitigen. In diesen Fällen sollte der Eigentümer prüfen, inwieweit die Gebäudeversicherung für den Schaden aufkommt bzw. ob bei Dritten (z.B. Handwerkern, anderen Mietern) Rückgriff genommen werden kann.

Stellt der Sachverständige fest, dass kein Baumangel den Feuchteschaden verursacht hat, untersucht dieser, inwieweit das Heiz- und Lüftungsverhalten des Mieters den Schaden verursacht hat. Bei einer ausreichenden Erwärmung der Raumluft bindet diese die Feuchtigkeit. Warme Luft kann aufgrund des höheren Energiegehaltes mehr Feuchte, in Form von Wasserdampf, aufnehmen als kühlere Luft. Ein Kubikmeter 20,0°C warme Luft kann maximal 17,3 g Wasserdampf aufnehmen (Sättigungsfeuchte). Bei einer Temperatur von 10,0°C kann dieser Kubikmeter Luft nur noch maximal 9,3 g Wasserdampf aufnehmen.

Trifft warme und feuchte Luft auf eine kühle Oberfläche steigt die relative Feuchte an der Oberfläche an. Bei Überschreitung der maximalen Aufnahmefähigkeit (Sättigungsfeuchte) des Mauerwerks oder anderer Oberflächen fällt so genanntes Tauwasser an der Oberfläche an, welches bereits bei einer Sättigungsfeuchte der Oberfläche von 80% zu Schimmelschäden führt.

Täglich wird durch das Nutzungsverhalten des Mieters Wasser an die Raumluft abgegeben. Durch Atmen, Schwitzen, Duschen, Kochen und Wäschetrocken wird Feuchtigkeit an die Raumluft abgegeben. Wer einen Wäschetrockner besitzt weiß, dass bei einem Trocknungsvorgang 1½ Liter Wasser entstehen, die ansonsten an die Raumluft abgegeben wird. Vollkommen übersehen wird oft, dass Zimmerpflanzen und Aquarien erhebliche Feuchtigkeitsquellen darstellen.

Die der Raumluft zugeführte Feuchte muss durch Lüftung entfernt werden. Wie viel Luft ausgetauscht werden muss, um die maximal zulässige Raumluftfeuchte nicht zu überschreiten, hängt von folgenden Faktoren ab, Innenraumtemperatur, Oberflächentemperatur des Bauteils, der Menge der im Raum produzierten Feuchte in Form von Wasserdampf, dem Raumvolumen, in dem sich der Wasserdampf verteilen kann, dem Feuchtegehalt der Außenluft, die zum „Trocknen“ der Raumluft zur Verfügung steht.

Nicht immer hat der Mieter den Schimmel vorwerfbar verursacht

Hat der Sachverständige festgestellt, dass ausschließlich ein falsches Heiz- und/oder Lüftungsverhalten des Mieters ursächlich an der Schimmelpilzbildung ist, prüft das Gericht, ob der Mieter seine Obhutspflichten verletzt hat. Im Rahmen der vertraglichen Obhutspflichten, die Mietsache im zumutbaren Rahmen vor Schäden zu schützen, ist der Mieter verpflichtet ausreichend zu heizen und zu lüften. Verletzt der Mieter diese vertragliche Schutzpflicht und entsteht hierdurch Schimmel, dann muss der Mieter für die Kosten der Schadensbeseitigung aufkommen.

Heizt der Mieter nicht ausreichend, reicht die Raumlufttemperatur nicht aus, die innenseitige Oberflächentemperatur ausreichend mit Wärme zu versorgen. Dem Bauteil wird aufgrund der Wärmeverlustes nach außen zu wenig Wärme zugeführt. Je geringer die Wärmedämmeigenschaft eines Bauteils ist, desto geringer ist die raumseitige Oberflächentemperatur. Dem Wärmeverlust wird in diesen Fällen zusätzlich weniger Widerstand entgegengesetzt.

Welches konkrete Heiz- und Lüftungsverhalten dem Mieter im Rahmen seiner Obhutspflichten zumutbar ist, ist bisher nicht abschließend durch die Gerichte festgelegt worden. Es gibt eine Vielzahl von Einzelfallentscheidungen, zu diesem Thema. Zur Zeit steht nur fest, dass der Mieter zur Stoßlüftung verpflichtet ist. Fenster auf Kippstellung stellen keine Stoßlüftung dar und führen häufig zu Schimmelschäden an der Fensterinnenwand. Wie häufig der Mieter die Stoßlüftung ausführen muss, wird von den Gerichten unterschiedlich gesehen. Das eine Gericht meint, dass der Mieter alles unternehmen muss, um Schimmel zu verhindern, selbst wenn dies ein zehnmaliges tägliches Stoßlüften bedeutet. Das nächste Gericht sieht den Mieter nicht als Sklaven seiner Wohnung und erachtet höchstens ein zwei- bis dreimaliges tägliches Stoßlüften als zumutbar an.

Ebenfalls vollkommen unterschiedlich wird von den Gerichten gesehen, auf welche Temperatur der Mieter verpflichtet ist, die Wohnung zu beheizen.

Oft sind Baumängel und falsches Nutzungsverhalten gleichzeitig ursächlich

In den meisten Fällen ergibt sich aus den Sachverständigengutachten, dass der Schimmelschaden sowohl aufgrund von Baumängeln als auch aufgrund des fehlerhaften Nutzungsverhaltens des Mieters aufgetreten ist.

Wird die ausreichende Erwärmung des Bauteiles durch die Einrichtung der Wohnung verhindert, stellt sich für das Gericht die Frage, ob der Mieter den Schimmel schuldhaft verursacht hat. Damit die Raumluft, die Oberfläche erwärmen kann, benötigt sie einen freien Zugang zum Bauteil. Wird diese Wärmezufuhr durch z.B. Möbel, Vorhänge, Bilder etc. behindert, sinkt die Oberflächentemperatur und es kann an diesen Stellen zu Schimmelpilzbildung kommen. In diesen Fällen wird der Sachverständige feststellen, dass das Nutzungsverhalten des Mieters zumindest mitursächlich an dem aufgetretenen Schimmelschaden ist.

Ein Mietmangel aufgrund der Schimmelbildung ist für das Gericht trotz der oben beschriebenen Mitverursachung durch den Mieter nur ausgeschlossen, wenn dem Mieter Verschulden an der Schimmelpilzbildung trifft. Zur vertragsgemäßen Nutzung einer Mietwohnung gehört in der Regel das Aufstellen von allgemein gebräuchlichen Möbelstücken. Der Mieter ist, soweit in dem Mietverhältnis nichts anderes vereinbart worden ist, nicht gehalten, die Möbel in einer bestimmten Weise oder Anordnung aufzustellen. Unabhängig von den technischen Anforderungen zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes müssen Mietwohnungen bauphysikalisch so beschaffen sein, dass sich bei einem Wandabstand von nur wenigen Zentimetern, wie er in der Regel bei Möbelstücken, Vorhängen, etc. vorliegt, Feuchtigkeitserscheinungen im Wandbereich nicht bilden können  (LG Mannheim, Az. 4 S 62/06). Es trifft den Mieter, der sich entsprechend dem Mietvertrag verhält, kein Verschulden, so dass das Gericht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Vermieter zur Schimmelbeseitigung verpflichtet und der Mieter zur Mietminderung berechtigt ist.

Hat der Vermieter dem Mieter mietvertraglich untersagt, die Möbel an der Wand aufzustellen, so kann dies unwirksam sein.  Eine in den vorformulierten Mietvertragsbedingungen (Standardklauseln) enthaltene Vereinbarung, wonach ein Mindestabstand von 5 cm einzuhalten ist, soll nach Meinung des Landgerichts Berlin wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters unwirksam (z.B. LG Berlin, 65 S 400/09). 

Vereinbarungen zwischen Mieter und Vermieter bei Schimmel

Ist dem Vermieter aufgrund des wiederholten Auftretens von Schimmelpilz bekannt, dass es bei einem normalen Nutzungsverhalten zu Schimmelschäden kommt, so hat er den Mietinteressenten vor Mietvertragsabschluss hierüber aufzuklären und sollte dies auch mit im Mietvertrag aufnehmen. Des Weiteren sollte das für die konkrete Wohnung erforderliche Nutzungsverhalten zur Vermeidung von Schimmelschäden individuell mit dem Mieter abgesprochen und in dem Mietvertrag mit aufgenommen werden. In diesem Fall hat der Mieter in Kenntnis des Mangels die Wohnung angemietet und Obhutspflichten übernommen.

Die Vereinbarung ist nur wirksam, wenn es sich um eine Individualvereinbarung handelt, die auf die Gefahren der Schimmelbildung in der konkreten Wohnung zugeschnitten ist. Dies bedeutet, dass der Vermieter dem Mieter nur ein bestimmtes über das Normalmaß hinausgehendes Heiz- und Lüftungsverhalten vertraglich auferlegen kann, wenn dieser zuvor die Raumklimadaten erfasst und eine Bauteiluntersuchung vorgenommen hat. Erst nachdem der Vermieter die für den Einzelfall erforderlichen besonderen Obhutspflichten ermittelt hat, kann er diese dem Mieter durch eine Individualvereinbarung auferlegen.

Nur wenn der Mieter die gebäudespezifische maximale relative Raumluftfeuchte zur Vermeidung von Schimmelpilzschäden kennt, kann er sein Heiz- und Lüftungsverhalten anpassen und kontrollieren. Das Lüftungskonzept ist vom Gebäudeeigentümer zu liefern, da nur er Zugang zu den Baukonstruktionsplänen, etc. hat, mit denen die Berechnungen vorgenommen werden können.

Wird die Wohnung in Kenntnis der gesteigerten vertraglichen Obhutspflichten angemietet, ist der Mieter nicht mehr schützenswert. In der Regel hat der Vermieter Abstriche bei der Miete zugelassen, weil aufgrund der gesteigerten Obhutspflichten höhere Heizkosten entstehen beziehungsweise nur eine eingeschränkte Nutzung einzelner Räume oder der ganzen Wohnung möglich ist. Tritt während des laufenden Mietverhältnisses dennoch Schimmel auf und stellt sich heraus, dass bei Beachtung der für die Wohnung zu beachtenden Obhutspflichten dieser Schaden nicht aufgetreten wäre, ist der Mieter dem Vermieter zum Schadensersatz verpflichtet.

Tritt der Schimmelschaden während dem laufenden Mietverhältnis auf, so sollte der Vermieter mit dem Mieter ein individuelles auf die Wohnung zugeschnittenes Heiz- und Lüftungsverhalten vereinbaren, soweit dem Mieter keine Verletzung des bisher vertraglich vereinbarten Heiz- und Lüftungsverhalten vorzuwerfen ist.

Der Mieter ist nicht verpflichtet, der Änderung des bestehenden Mietvertrages zuzustimmen. In der Regel wird der Mieter dieser Vereinbarung zustimmen, wenn der Vermieter den Schimmelschaden zügig beseitigt und die nunmehr höheren Aufwendungen des Mieters durch einen Mietnachlass honoriert.

Ein Mietnachlass für die dem Mieter vertraglich auferlegten und über das Normalmaß hinausgehenden gesteigerten Obhutspflichten muss für den Vermieter kein finanzieller Nachteil sein. Der Vermieter wird nicht mit Baukosten belastet, die ihm ansonsten zur Beseitigung des Baumangels durch das Gericht auferlegt werden würden.

Schlussbemerkung

Es sollte vor einem kostenintensiven Rechtsstreit außergerichtlich versucht werden, eine für beide Seiten akzeptable Lösung zu finden. Bei einer frühzeitigen Beauftragung eines eigenen Sachverständigen und eines eigenen Anwaltes kann das Prozess- und Kostenrisiko erheblich verringert werden.

Dieser Artikel wurde in Zusammenarbeit mit dem Sachverständigenbüro FSE Holger Gerken, Spezialisten für Feuchteschäden, Schimmelpilzschäden und Energieberatung in Berlin Brandenburg erstellt.

Webadresse des Sachverständigen für Schimmel und Feuchteschäden:www.Gebaeude-Schimmelpilze.de

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